princess@gattinnen-im-netz.de
Sehr geehrte Emma-Redaktion, zunächst war ich ja erfreut, daß auch Ihre Zeitschrift nun im Internet ist. Nach dem reißerischem Artikel, den Sie im November 1991 publizierten und die gesamte Hochschullandschaft in Deutschland des Pornokonsums bezichtigten, habe ich schon gar nicht mehr daran geglaubt. Leider scheinen Sie aber nichts dazugelernt zu haben. Laut Ihrem Artikel unter http://www.emma.de/aktuelles/topthema_0301_3.html "www.gattinnen-im-netz.de" scheinen Sie immer noch zu glauben, Pornokonsum sei eines des wichtigsten Themen dieser Zeit und unseres Landes. Mir stoßen bei Ihrem Artikel folgende Dinge besonders unangenehm auf: "lassen Sie sich von Ihrem Mann zeigen, wie Sie einen Brief schreiben." Sie scheinen ja selber nicht sonderlich an den Fortschritt der Gleichberechtigung zu glauben, wenn Sie meinen, Frauen seien nicht in der Lage sich dieses Wissen selber anzueignen oder einen passenden Kurs zu besuchen. Gerade mir, die ich in der IT im technischen Bereich tätig bin, stoßen solche Formulierungen übel auf. Als wenn wir alle so hilflos wären, daß uns die Männer am Rechner helfen müssten! Ist Ihnen noch nicht aufgegangen, daß die Zahl der Frauen in der IT steigt, nicht zuletzt dank der Arbeit von Frau Schwarzer in den letzten 30 Jahren? Genau das machen Sie wieder zunichte. "Ohne eigenes Benutzerkonto können Sie leichter auf seine Daten zugreifen." Dieser Satz ist schon eine ziemliche Frechheit. Es erinnert mich an "und schauen Sie hin, wenn Ihr Professor zu lange am Laserdrucker steht, das Ausdrucken von Pornobilder dauert ziemlich lange" (EMMA, November 1991). Ich gehe mal auf ein altes Sprichwort zurück: "Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu" Fänden Sie es lustig, wenn Ihr Gatte/Partner Ihre Handtasche durchsuchen würde? Oder das Adressbuch Ihres Mobiltelephons? Auf der Suche nach potentiellen Seitensprungskandidaten etwa? Von der Aufforderung zur Straftat und dem Eingriff in die Privatsphäre will ich gar nicht reden. Glauben Sie nicht auch, daß man in einer funktionierenden Beziehung über Pornokonsum _reden_ kann? (Und wenn die Beziehung nicht funktioniert hat man weiß Gott andere Probleme als Ferkelbilder aus dem Internet). Nicht zuletzt muß ich Ihnen leider bescheinigen, daß sie sich auch fachlich nicht gut informiert haben. Nach 12 Jahren verschiedener Unixe und Linux darf ich Ihnen mitteilen, daß ich noch nie ein Zahnrad-Symbol auf meinem Desktop hatte. Das hat man nämlich nur unter der Oberfläche KDE, die ich nicht nutze. Kurz: ich bin ziemlich enttäuscht bis entsetzt über Ihren Artikel. Das kann ja nicht die Art und Weise sein, wie wir uns wünschen, daß Männer und Frauen miteinander umgehen. Sie stellen Frauen als genau die hinterhältigen Wesen dar, als die Chauvinisten die Feministinnen immer sehen. So kommen wir ganz sicher nicht vorwärts. Grüße, Andrea 'Princess' Wardzichowski P.S.: Daß es keine gute Idee war, den Artikel www.gattinnen-im-netz.de zu nennen ohne die besagte Domain zu registrieren, haben Sie sicher schon gemerkt. Dieser Brief wird unter http://www.gattinnen-im-netz.de/ erscheinen, unabhängig davon, ob Sie ihn in Ihrem Gästebuch lassen oder nicht.