Princess' Leserbrief an EMMA

Leserbrief von Andrea 'Princess' Wardzichowski zu http://www.emma.de/aktuelles/topthema_0301_3.html, 5.12.2002

princess@gattinnen-im-netz.de



Sehr geehrte Emma-Redaktion,

zunächst war ich ja erfreut, daß auch Ihre Zeitschrift nun im Internet ist.

Nach dem reißerischem Artikel, den Sie im November 1991 publizierten und die
gesamte Hochschullandschaft in Deutschland des Pornokonsums bezichtigten,
habe ich schon gar nicht mehr daran geglaubt.

Leider scheinen Sie aber nichts dazugelernt zu haben.
Laut Ihrem Artikel unter http://www.emma.de/aktuelles/topthema_0301_3.html
"www.gattinnen-im-netz.de" scheinen Sie immer noch zu glauben, Pornokonsum
sei eines des wichtigsten Themen dieser Zeit und unseres Landes.

Mir stoßen bei Ihrem Artikel folgende Dinge besonders unangenehm auf:

"lassen Sie sich von Ihrem Mann zeigen, wie Sie einen Brief schreiben."

Sie scheinen ja selber nicht sonderlich an den Fortschritt der
Gleichberechtigung zu glauben, wenn Sie meinen, Frauen seien nicht in der
Lage sich dieses Wissen selber anzueignen oder einen passenden Kurs zu
besuchen.
Gerade mir, die ich in der IT im technischen Bereich tätig bin, stoßen
solche Formulierungen übel auf. Als wenn wir alle so hilflos wären, daß uns
die Männer am Rechner helfen müssten! Ist Ihnen noch nicht aufgegangen, daß
die Zahl der Frauen in der IT steigt, nicht zuletzt dank der Arbeit von Frau
Schwarzer in den letzten 30 Jahren? Genau das machen Sie wieder zunichte.


"Ohne eigenes Benutzerkonto können Sie leichter auf seine Daten zugreifen."

Dieser Satz ist schon eine ziemliche Frechheit. Es erinnert mich an
"und schauen Sie hin, wenn Ihr Professor zu lange am Laserdrucker steht,
das Ausdrucken von Pornobilder dauert ziemlich lange" (EMMA, November 1991).

Ich gehe mal auf ein altes Sprichwort zurück:
"Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu"

Fänden Sie es lustig, wenn Ihr Gatte/Partner Ihre Handtasche durchsuchen
würde? Oder das Adressbuch Ihres Mobiltelephons? Auf der Suche nach
potentiellen Seitensprungskandidaten etwa?

Von der Aufforderung zur Straftat und dem Eingriff in die Privatsphäre
will ich gar nicht reden.

Glauben Sie nicht auch, daß man in einer funktionierenden Beziehung über
Pornokonsum _reden_ kann? (Und wenn die Beziehung nicht funktioniert hat man
weiß Gott andere Probleme als Ferkelbilder aus dem Internet).


Nicht zuletzt muß ich Ihnen leider bescheinigen, daß sie sich auch fachlich
nicht gut informiert haben. Nach 12 Jahren verschiedener Unixe und Linux
darf ich Ihnen mitteilen, daß ich noch nie ein Zahnrad-Symbol auf meinem
Desktop hatte. Das hat man nämlich nur unter der Oberfläche KDE, die ich
nicht nutze.

Kurz: ich bin ziemlich enttäuscht bis entsetzt über Ihren Artikel.
Das kann ja nicht die Art und Weise sein, wie wir uns wünschen, daß Männer
und Frauen miteinander umgehen.
Sie stellen Frauen als genau die hinterhältigen Wesen dar, als die
Chauvinisten die Feministinnen immer sehen. So kommen wir ganz sicher nicht
vorwärts.

Grüße,
Andrea 'Princess' Wardzichowski

P.S.: Daß es keine gute Idee war, den Artikel www.gattinnen-im-netz.de
zu nennen ohne die besagte Domain zu registrieren, haben Sie sicher schon
gemerkt. Dieser Brief wird unter http://www.gattinnen-im-netz.de/
erscheinen, unabhängig davon, ob Sie ihn in Ihrem Gästebuch lassen oder nicht.


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